Arbeitsrecht auf dem Prüfstand
Im niederländischen Parlament (Tweede Kamer) wird zurzeit der Gesetzesvorschlag Wet Werk en Zekerheid’ (Gesetz zur Arbeit und Sicherheit) zur Änderung des niederländischen Arbeitsrechts diskutiert. Sollte der Gesetzesvorschlag angenommen werden, dann hätte dies eine umfangreiche Reform des niederländischen Arbeitsrechts zur Folge. Die wichtigsten Änderungen wären:
Flexible Beschäftigungsformen
- Kettenbefristungen: Aufeinander folgende befristete Arbeitsverträge werden nach zwei Jahren automatisch in einen unbefristeten Arbeitsvertrag umgesetzt, zurzeit entsteht ein unbefristeter Vertrag erst nach drei Jahren. Die Kette wird erst unterbrochen, wenn zwischen zwei solcher Verträge eine Pause von mehr als sechs Monaten ist, zurzeit reicht noch eine Pause von mehr als drei Monaten aus, um eine Kette zu unterbrechen.
- Probezeit: In einem befristeten Arbeitsvertrag für sechs Monate oder kürzer kann keine Probezeit mehr vereinbart werden.
- Wettbewerbsverbot: Es wäre nicht mehr möglich, ein Wettbewerbsverbot in einen befristeten Arbeitsvertrag aufzunehmen, es sei denn, im Arbeitsvertrag wird (schriftlich) begründet, warum schwerwiegende Unternehmens- oder Dienstinteressen die Aufnahme einer solchen Klausel erfordern. In dem Moment, in dem sich der Arbeitgeber auf das Wettbewerbsverbot beruft, muss er zudem darlegen können, dass diese Interessen noch bestehen.
- Bekanntgabe: Der Arbeitgeber muss den Arbeitnehmer spätestens einen Monat vor Ablauf eines befristeten Arbeitsvertrages schriftlich darüber informieren, ob und wie (unter welchen Bedingungen) er den Arbeitsvertrag fortsetzen will.
- Inkrafttreten: Es ist geplant, dass diese Änderungen zum 1. Juli 2014 in Kraft treten.
Kündigungsverfahren
- Kein Wahlrecht mehr: Im Rahmen des präventiven Kündigungsschutzes in den Niederlanden muss der Arbeitgeber entweder die vorherige Zustimmung des Arbeitsamts haben oder ein gerichtliches Trennungsverfahren einleiten, um einen Arbeitsvertrag zu beenden. Zurzeit kann der Arbeitgeber noch wählen, ob er den Arbeitsvertrag mittels Kündigung und (vorheriger) Zustimmung des Arbeitsamtes selbst beendet oder durch einen gerichtlichen Trennungsbeschluss beenden lässt.Wird der Gesetzesvorschlag angenommen, dann hat der Arbeitgeber dieses Wahlrecht nicht mehr: Für eine Kündigung aus betrieblichen Gründen oder wegen Krankheit müsste sich der Arbeitgeber an das Arbeitsamt wenden, für eine Kündigung wegen Schlechtleistung oder einem Arbeitskonflikt müsste er das Arbeitsgericht anrufen.
- Aufhebungsvertrag: Es bleibt weiterhin möglich, um einen Arbeitsvertrag im gegenseitigen Einvernehmen mittels Aufhebungsvertrag zu beenden. Neu ist, dass der Arbeitnehmer innerhalb einer Frist von zwei Wochen nach Vertragsschluss den Aufhebungsvertrag ohne Angabe von Gründen widerrufen kann.
- Gesetzlicher Anspruch auf Übergangsentschädigung (Transitievergoeding): Im Gegensatz zum Richter, der dem Arbeitnehmer eine Abfindung zusprechen kann, hat das Arbeitsamt diese Befugnis nicht. Der Richter hat die Abfindung gemäß der Arbeitsrichterformel zu berechnen. Dies war oft der Grund, um die Kündigung über das Arbeitsamt laufen zu lassen.Im neuen Kündigungsrecht hat jeder Arbeitnehmer, der mindestens zwei Jahren angestellt war, bei Beendigung einen gesetzlichen Abfindungsanspruch, die sogenannte Übergangsentschädigung (Transitievergoeding) und zwar unabhängig, ob der Vertrag mit Zustimmung des Arbeitsamtes oder durch den Richter beendet wird. Gleiches gilt, wenn ein für zwei Jahre befristeter Arbeitsvertrag nicht verlängert wird.
- Zusätzliche Entschädigung: Der Richter kann dem Arbeitnehmer eine zusätzliche Entschädigung zu sprechen, wenn die Beendigung die Folge eines schwerwiegenden vorwerfbaren Handelns oder Unterlassens des Arbeitgebers ist. Andersrum gilt, dass der Arbeitnehmer keinen Anspruch auf die zuvor beschriebene Übergangsentschädigung hat, wenn ihm ein solcher (schwerwiegender) Vorwurf gemacht werden kann.
- Berufung und Revision: Gegen den Trennungsbeschluss des Richters kann der Arbeitnehmer in Berufung und Revision gehen. Bisher war dies nicht möglich und konnte der Arbeitgeber die Akte nach Ausspruch des Trennungsbeschlusses schließen.
- Inkrafttreten: Es ist geplant, dass diese Änderungen zum 1. Juli 2015 in Kraft treten.